Cholesteatom
Adrian Meier
Adrian Meier Redaktor für Gesundheit

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Ein Cholesteatom wird auch als Perlgeschwulst oder Knocheneiterung bezeichnet und kann in jedem Lebensalter auftreten, wobei häufiger Kinder betroffen sind. Es wird charakterisiert durch eine übermässige Produktion von Hautzellen im Bereich des Mittelohrs. Das Ohr ist unterteilt in Aussenohr, Mittelohr und Innenohr. Normalerweise sind das Mittelohr und der äussere Gehörgang durch das Trommelfell getrennt. In diesem Fall aber wachsen Hautschichten vom äusseren Gehörgang in das Mittelohr hinein und schädigen dort die Schleimhaut.

Aus den Abbauprodukten dieser Hautschichten bildet sich Sekret und Bakterien können sich ausbreiten. Gleichzeitig wird die Durchlüftung des Innenohres und der Abfluss des Sekrets behindert, wodurch Druck entsteht. Die Folge ist eine chronische Mittelohrentzündung. Diese greift im Laufe ihrer Entwicklung die Gehörknochen und den benachbarten Schädelknochen an. Durch die Vereiterung des Knochens wird dieser allmählich zerstört.

 

Was sind die Symptome eines Cholesteatoms?

Zunächst verursacht die Bildung des Perlgeschwulstes über Jahre keine Beschwerden. Erst nach Ausbruch der Entzündung treten Symptome einer Mittelohrentzündung auf. Das Hörvermögen verschlechtert sich und es kommt zu Schmerzen und Ausfluss eines unangenehm riechenden Sekrets. Bakterien können eine Entzündung hervorrufen und zu Fieber und einer allgemeinen Gefühl der Mattigkeit führen. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es durch die Schädigung des Gleichgewichtsorgans zu Drehschwindel (Morbus Menière), Übelkeit, Erbrechen und einer Versteifung des Nackens. Durch die fortschreitende Entzündung des Innenohrs verstärkt sich die Schwerhörigkeit bis zur Taubheit. Die Geschwulst kann auf den nahe gelegenen Gesichtsnerv übergreifen. Eine allmähliche einseitige Lähmung der Gesichtsmuskulatur ist die Folge. Wenn dazu Bereiche des Gehirns betroffen sind, löst dies starke Kopfschmerzen, Krämpfe, Bewusstseinstrübungen und Fieber aus. Im schlimmsten Fall kann eine Hirnhautentzündung, ein Hirnabszess oder eine Blutvergiftung die Folge sein.

 

Diagnose eines Cholesteatoms

Der HNO-Arzt wird einen Hörtest durchführen und das betroffene Ohr gründlich reinigen und mit einem Ohrspiegel und einem Mikroskop untersuchen, um nach Beschädigungen oder Taschen in der Nähe des Trommelfells zu suchen. Das Vorkommen von gelblicher oder weisser Zellmasse ist ebenfalls ein Hinweis auf eine Geschwulst. Ergänzend kann die Anfertigung von Röntgenaufnahmen oder die Durchführung einer Magnetresonanz- oder einer Kernspintomograpie zur Aufnahme der beschädigten Knochen notwendig werden. So lässt sich auch der Umfang der Ausbreitung feststellen. Ein Abstrich dient als Nachweis der Erreger. Eine Prüfung des Gleichgewichtssinnes oder eine neurologische Untersuchung kann ebenfall angezeigt sein. Eine weitere Form der Diagnose ist das Tonaudiogramm als Nachweis einer Schallleitungsschwerhörigkeit. Dies ist eine Hörstörung, die nur das äussere Ohr betrifft. Ist der Verlauf jedoch schon weiter fortgeschritten, so dass bereits das Innenohr betroffen ist, wird eine Schallempfindungsstörung festgestellt.

 

Cholesteatom

Was ist die Ursache für die Entstehung eines Cholesteatoms?

Primäre Cholesteatome bilden sich meist schon im Kleinkindalter, wenn Schichten der Haut des Trommelfells ins Mittelohr einwachsen. Dem geht eine Belüftungsstörung im Innenohr voraus, die einen Unterdruck im Mittelohr verursacht. Auslöser kann eine Erkältung, eine Entzündung der Nasennebenhöhlen oder eine Gaumenspalte sein. Durch den Unterdruck entsteht eine Einwölbung des Trommelfells, die Trommelfellretraktion. Sie hat die Form einer Tasche, in die abgelöste Teile der Hautoberfläche hineinwachsen, die nicht mehr nach aussen abtransportiert werden können. Die führt zu einer Beschädigung des Trommelfells und einer Entzündung im Mittelohr. Sekundäre Cholesteatome bilden sich oft nach einer vorangegangene Mittelohrentzündung. Durch eine Beschädigung des Trommelfells können Hautschichten ins Mittelohr einwachsen und sich entzünden. Diese Form ist am meisten verbreitet. Ein traumatisches Cholesteatom kann nach einem Schädelbasisbruch entstehen. Durch die Bruchstelle dringen Hautschichten in den Bereich des Mittelohres ein. Embrionale Cholesteatome sind angeboren und treten nur selten auf. Sie haben sich schon vor der Geburt gebildet und wachsen hinter einem unbeschädigten Trommelfell. Darüber hinaus kann ein Cholesteatom auch in der Schädelhöhle oder der Schädelwand auftreten.

 

Behandlung eines Cholesteatoms

Zur vollständigen Entfernung der Geschwulst ist eine Operation erforderlich. Ohne Operation ist langfristig mit dem Auftreten weiterer Komplikationen zu rechnen. Neben dauerhaftem Hörverlust kann es im Extremfall zur Lähmung von Gesichtsnerven oder einer Hirnhautentzündung kommen. Die Operation wird im Krankenhaus unter Vollnarkose durchgeführt und kann mehrere Stunden dauern. Vorab ist oft die Einnahme von Antibiotika in Form von Tabletten oder Ohrentropfen notwendig, um vorhandene Entzündungen einzudämmen und Komplikationen zu verhindern. Das Ziel ist die vollständige Entfernung aller entzündeten Bereiche. Je nach Art des Eingriffs wird die hintere Wand des Gehörgangs erhalten oder entfernt. Abschliessend wird eine Öffnung im Trommelfell wieder verschlossen. Liegt eine Gesichtlähmung oder eine Schädigung des Gleichgewichtsorgans vor, so muss die Operation unmittelbar erfolgen. Nicht immer gelingt es, in der ersten Operation alle Teile der Geschwulst vollständig zu entfernen, denn Cholesteatome wachsen nach keinen vorher bestimmbaren Regeln. In diesem Fall ist ein zweiter Eingriff notwendig. Zur Wiederherstellung des Hörvermögens wird nach sechs bis zwölf Monaten eine weitere Operation durchgeführt. Jetzt kann das defekte Trommelfell behandelt und das Gehörknöchelchen oder die Gehörknöchelchenkette wiederhergestellt werden. Hierfür werden neben körpereigenem Gewebe Implantate aus Titan verwendet, die besonders leicht sind und aufgrund dieser Eigenschaft den Schall gut leiten. Der Patient kann die Klinik bereits nach wenigen Tagen wieder verlassen.

 

Mögliche Spätfolgen und Nachsorge

Nach der Operation dauert es bis zu mehreren Wochen, bis die Wunde abgeheilt ist. Ohrensausen oder Ohrengeräusche können in dieser Zeit auftreten. Anschliessend muss durch den Arzt das Verbandsmaterial aus dem Ohr entfernt werden. Es ist unbedingt zu vermeiden, dass in den ersten Monaten Wasser ins Ohr gerät. Flugreisen sollten wegen des Druckausgleichs im Ohr genauso vermieden werden sie Sport und Saunagänge. Da die Neubildung einer Geschwulst nicht immer auszuschliessen ist, kann nach einem halben Jahr eine Kontrolloperation notwendig werden. Unter Umständen muss auch eine Nachbehandlung mit Medikamenten erfolgen. Auf jeden Fall ist es erforderlich, von nun an regelmässige Kontrollen und Hörtests durch einen HNO-Arzt durchführen zu lassen. In fast allen Fällen verbessert sich nach der Operation das Hörvermögen wieder. Folge des Eingriffs können Ohrensausen (Tinnitus) oder Ohrlaufen sein. In seltenen Fällen ist eine Lähmung des Gesichtsnervs, verstärkte Narbenbildung oder das Auftreten von Geschmacksstörungen möglich. Nur bei einer geringen Zahl der Betroffenen ist eine Rekonstruktion des Hörvermögens nicht mehr durchführbar. In diesem Fall wird der Einsatz eines Hörgerätes erforderlich. Ein Hörgeräteakustiker bietet die erforderliche Beratung und Hilfestellung, um aus der grossen Auswahl verfügbarer Hörgeräte die individuell passende Lösung zu finden.

 

Wie kann man der Entstehung eines Cholesteatoms vorbeugen?

Um der Entstehung einer Geschwulst vorzubeugen, kann man sich gegen eine Mittelohrentzündung durch gesunde Ernährung und häufige Bewegung an der frischen Luft. wappnen. Gerade im Winter ist es wichtig, das Immunsystem zu unterstützen. Auf keinen Fall sollte man zum Schutz vor kaltem Wind Watte in die Ohren einführen, da dadurch Entzündungen begünstigt werden. Auch das Reinigen des Ohres mit Wattestäbchen sollte unterbleiben, da sonst eine Beschädigung des Trommelfells droht. Normalerweise reinigt sich das Ohr von selbst. Andernfalls sollte ein Ohrenarzt (HNO/ORL) zu Rate gezogen werden. Gegen manche Bakterien, die eine Mittelohrentzündung auslösen können, kann man sich darüber hinaus durch eine Impfung gegen Pneumokokken und Haemophilus influenzae schützen. Die Geschwulst ist zwar gutartig, wächst aber langsam immer weiter, wenn sie nicht entfernt wird. Je früher eine Operation durchgeführt wird, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass danach keine Spätfolgen mehr auftreten und das Hörvermögen wieder vollständig vorhanden ist. Deshalb sollte bei Vorliegen von Symptomen einer Ohrentzündung wie beispielsweise Ohrenausfluss, Ohrenschmerzen oder Schwerhörigkeit die Untersuchung durch einen Arzt erfolgen.