Mittelohr
Michael Ronner
Michael Ronner Experte für Technik & Hörakustik

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Das Mittelohr ist eine Erfindung der Evolution, um Schall ausserhalb des Wassers hörbar zu machen. Es besteht im Wesentlichen aus dem Trommelfell, der Gehörknöchelchenkette und der Paukenhöhle samt Eustachische Röhre.

Das Mittelohr verbindet wie es der Name vermuten lässt, das Aussenohr mit dem Innenohr, sowie den Nasen-Rachen-Raum. Es überträgt Töne, Geräusche und Sprache an das Innenohr.

 

Anatomie Mittelohr

Das Mittelohr (lat. auris media) ist mit Schleimhaut ausgefüllt. Das Mittelohr wird getrennt vom Aussenohr durch das Trommelfell und vom Innenohr durch das ovale und runde Fenster. Zum Mittelohr gehören im Wesentlichen folgende Elemente:

  • Trommelfell (lat. membrana tympani)
  • Hammer Knöchelchen (Malleus)
  • Amboss Knöchelchen (incus)
  • Steigbügel Knöchelchen (stapes)
  • Paukenhöhle (cavum tympani)
  • Ohrtrompete, Estachische Röhre (tuba auditiva)
  • Geschmacksnerv (chorda tympani)
  • Gesichtsnerv (nervus facialis)
  • 2 Binnenohrmuskeln:
    Stapediusreflexmuskel (musculus stapedius) &
    Trommelfellspannmuskel (musculus tensor tympani)
 

Aufgabe des Mittelohr

Das menschliche Ohr ist aufgeteilt in drei Elemente - das Aussenohr, das Mittelohr und das Innenohr. Die Aufgabe des Mittelohres ist die Weiterleitung von akustischem Schall an das Innenohr. Dies ist jedoch gar nicht so einfach, da das Aussenohr mit Luft und das Innenohr mit Flüssigkeit gefüllt ist. Beide Materien haben einen unterschiedlichen Widerstand. Die Luft hat einen geringeren Widerstand als Wasser. Das Mittelohr muss diesem Widerstand nun entgegenwirken und ist aus diesem Grund ein sogenannter «Impedanzwandler».

Da der Schallwellen-Widerstand (Schallimpedanz) des mit Flüssigkeit gefüllten Innenohres erheblich höher ist als derjenige der Luft, würde ohne die Mittelohrfunktion über 98 Prozent des Schalls reflektiert und nur rund 2 Prozent würden in das Innenohr eindringen. Das Mittelohr musste nun einen Mechanismus entwickeln, welcher die Schallwellen verstärkt. Da die Evolution wahre Wunder vollbringt, hat das Mittelohr eine Lösung entwickelt um Luftschall in Flüssigkeitsschall «umzuwandeln». Als Impedanzwandler vermindert das Mittelohr die Reflexion des Schalls, so dass rund 60 Prozent des eintreffenden Schalls an das Innenohr übertragen werden können.

Das Mittelohr nutzt zwei Mechanismen, um den Schall umzuwandeln und zu transportieren. Einerseits nutzt es die Hebelwirkung der Gehörknöchelchenkette (Hammer-Amboss-Steigbügel), andererseits die Flächenunterschiede von Trommelfell und dem ovalen Fenster (Druckwandler).

Prinzip Hebelwirkung:
Der Hammer-Griff ist länger als der lange Amboss-Schenkel, so dass die Amplitude (max. Schwingung) der Steigbügelauslenkung zwar geringer wird, die übertragene Kraft jedoch zunimmt.

Prinzip Druckwandler:
Die effektiv schwingende Fläche des Trommelfells ist rund 14-mal grösser, als diejenige der Steigbügel-Fuss-Platte. Somit wird die Kraft umgewandelt und an den Wasserwiderstand angepasst.

 

Funktionsweise des Mittelohrs

Der mittlere Abschnitt des Gehörs liegt zwischen dem Aussenohr und dem Innenohr. Hier erfolgt die Schallweiterleitung. In der etwa 14 Millimeter langen und ca. 2,5 bis 7 Millimeter breiten Paukenhöhle liegen die Gehörknöchelchen. Der winzige Paukenraum hat folglich nur ein Volumen von ca. 1 cm3. Nach oben wird die Höhle von einer sehr harten Knochenstruktur, dem Felsenbein geschlossen und geschützt.

Im unteren Bereich gibt es eine Öffnung in die Ohrtrompete (Eustachische Röhre), die für den Druckausgleich zwischen der Paukenhöhle und der Aussenluft verantwortlich ist. Diese Verbindung führt weiter bis in die Rachenhöhle.

Am Übergang vom Aussenohr (Ohrmuschel und äusserer Gehörgang) befindet sich das Trommelfell. Dort kommen Schallwellen an und werden durch Vibrationen der Trommelfell-Membran an die kleinsten Knochen des menschlichen Körpers weitergeleitet: Amboss, Hammer und Steigbügel. Neben der Schallvibration werden die Knöchelchen von Muskeln bewegt bzw. verstärkt (Muskulus stapedius und Muskulus tensor tympani). Die Gehörknöchelchenkette funktioniert wie ein Hebelsystem. Der Schall gelangt fast verlustfrei durch die Mechanik und wird vor der Übergabe an die Gehörschnecke (Cochlea) sogar noch um das etwa 22-fache verstärkt. Das passiert in dem Moment, wenn der Steigbügel die mechanischen Impulse auf das ovale Fenster am Ansatz der Gehörschnecke abgibt. Im Innenohr findet die weitere Schallwahrnehmung über Flüssigkeiten (Perilymphe) und Sinneshaarzellen statt.

 

Warum ist das Mittelohr mit Luft gefüllt?

Dieser Abschnitt des Gehörs entstand im Laufe der Evolution erst, als Leben an Land entstand. Fische haben kein Mittelohr. Sie nehmen Schall, der sich unter Wasser ausbreitet, direkt über mit Flüssigkeit gefüllte Bereiche des Innenohres wahr. Träfe «Landschall» auf solch ein Unterwassergehör, würde er durch einen Widerstand weitestgehend abprallen.

Um den Luftschall einzufangen und zu wandeln, war die spezielle Mechanik aus einer Membran und der Hebelfunktion der Gehörknöchelchen nötig. Technisch ausgedrückt könnte man auch sagen, das Mittelohr hat die Funktion eines Schallwiderstandwandlers. Um dieses System funktional zu halten und unsere Orientierung an Land zu ermöglichen, hat der Kopf der meisten Säugetiere zusätzlich ein ausgeklügeltes System von luftgefüllten Nebenhöhlen.

 

Erkrankungen des Mittelohres

Wahrscheinlich hat jeder Erwachsene im Laufe seines Lebens schon mal eine Mittelohrentzündung gehabt. Sie entsteht meistens durch Keime, die von entzündeten Nasenhöhlen über die Eustachische Röhre ins Gehör aufsteigen. Die Schleimhaut, mit der das Mittelohr ausgekleidet ist, entzündet sich, schwillt an, kann eitern und bluten. Die Erkrankung ist sehr schmerzhaft und das Hörvermögen auf dem betroffenen Ohr ist zeitweise deutlich reduziert. Durch die entzündlichen Vorgänge und Wundsekrete kann das Trommelfell Schäden (Perforationen, Risse, Loch im Trommelfell) davontragen. Was sind Symptome einer Mittelohrentzündung?

Symptome einer akuten Mittelohrentzündung sind:

  • Stechende, pulsierende Ohrenschmerzen
  • Klopfen im Ohr (Ohrgeräusche)
  • Druckgefühl im Ohr
  • Hörminderung
  • Fieber
  • Kopfschmerzen
  • Unwohlsein
  • Krankheitsgefühl

Suchen Sie bei den oben aufgeführten Symptomen auf jedenfall Ihren Hausarzt oder einen Ohrenarzt aus.
Wie lange ist die Heildauer einer akuten Mittelohrentzündung? Eine unkomplizierte akute Mittelohrentzündung heilt innerhalb 2-3 Wochen.

Nach dem Abklingen der Entzündung stellt sich der Normalzustand meistens von allein wieder her. Nur bei sehr schlimmen Schädigungen des Trommelfells kann ein operativer Eingriff notwendig werden.

Eine sehr seltene Komplikation der Mittelohrentzündung ist die Mastoiditis. Dabei greift die Entzündung auf einen angrenzenden Knochen, den Processus mastoideus, über. Betroffen sind aber nur 1,2 bis 1,4 von 100.000 an einer Mittelohrentzündung erkrankten Menschen.

 

Therapie des Mittelohrs

Bei Störungen und Erkrankungen des Mittelohrs, kommt es auf Art, Grad und Verlauf an. Je nach Diagnose werden verschiedene Massnahmen und Therapien angeordnet. Diese gehen von Tubendurchblasung (Valsalva, Politzer), über Medikamente wie Nasensprays, zu Operationen mit Paukenröhrchen, bis hin zu Hörhilfen wie Hörgeräten. Häufig gehen aber gerade Störungen am Mittelohr wieder von allein zurück.